Es ist zum Haare-Raufen: Überall faseln die selbsternannten Disruptions-Gurus von „kreativer Zerstörung“, schwingen metaphorische Kettensägen und wollen alles niedermähen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Diese testosterongesteuerten Polit-Rambos und Möchtegern-Entrepreneure predigen eine Welt des radikalen Umbruchs, als wäre Zerstörung ein Selbstzweck. Doch hinter dem martialischen Jargon offenbart sich nicht Innovation, sondern ein Vakuum – intellektuell, strategisch und moralisch.
Joseph Schumpeter, der vielzitierte Patron der „schöpferischen Zerstörung“, würde sich im Grab umdrehen, wenn er hören könnte, wie seine Ideen heute missbraucht werden. Seine Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung spricht eben nicht von einem simplen „Abräumen“ des Alten, sondern von der Kunst, Altes und Neues zu verbinden. Doch statt die Feinheiten von Schumpeters Werk zu verstehen, plappern die Disruptions-Schreihälse lediglich das radikale Schlagwort nach. Kein Wunder, dass die Ergebnisse so oft enttäuschen: Lautstärke ersetzt eben nicht Klugheit.
Schumpeters Urtyp des Entrepreneurs ist kein Zerstörer, sondern ein Schöpfer. „Ein langfristiger Wettbewerbsvorteil entsteht durch neuartige und qualitativ bessere Produkte, nicht durch das Zertrümmern von allem, was vorher war“, heißt es treffend in der Forschung. Doch wer braucht schon Differenzierung, wenn es Kettensägen-Rhetorik gibt? So wird Disruption zur hohlen Phrase, ein Symbol für die normative Verwahrlosung einer Innovationskultur, die lieber brüllt als denkt.
Die Schwätzer, die in Disruption den heiligen Gral sehen, sind häufig diejenigen, die die Grundlagen echter Innovation weder verstehen noch fördern können. Statt Kooperation und strategische Förderung zu stärken, setzen sie auf Marktschreierei und destruktive Prozesse. Dabei zeigt Schumpeter selbst, dass Innovation tief in Kultur, Philosophie und Imagination verwurzelt sein muss. Wer nur technologische „Disruption“ sieht, übersieht die notwendige Verbindung von Ideen, Poesie und Vernunft.
Man könnte es fast ironisch nennen: Während sie mit der Abrissbirne durch die Wirtschaft ziehen, sind diese Disruptions-Apostel selbst das größte Hindernis für Fortschritt. Sie schaffen keine neuen Märkte, sondern hinterlassen verbrannte Erde – und nennen es Erfolg. Ihre normative Kurzsichtigkeit befördert keine Innovation, sondern einen Kreislauf des Niedergangs.
Professor Reinhard Pfriem hat es treffend formuliert: „Das Zerstörerische muss zerstört werden.“ Es reicht nicht, Altes niederzureißen; es braucht einen transformativen Kampf für das Bessere, für nachhaltiges und soziales Unternehmertum. Doch solange der Begriff „Disruption“ von Schwätzern besetzt ist, die lieber reden als handeln, bleibt der wahre Innovationsgeist in den Hintergrund gedrängt.
Schluss mit der Kettensägen-Metaphorik! Innovation ist keine Frage von Kraft, sondern von Intelligenz. Nicht der lauteste, sondern der klügste Ansatz gewinnt. Es wird Zeit, die echten Innovatoren in den Fokus zu rücken und die Rambos der Disruption dorthin zu schicken, wo sie hingehören: ins Museum der gescheiterten Ideologien.
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