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Die Theorie der Smart Service Ökonomie: Unternehmen jenseits der Berechenbarkeit @FAZ_Wirtschaft

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In einer Welt des beschleunigten technologischen Wandels stehen klassische Vorstellungen von Berechenbarkeit und Planbarkeit zunehmend infrage. Franz Schenckings Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung „für eine komplementäre Betriebswirtschaftslehre“ bietet einen willkommenen Anknüpfungspunkt, um die Kernelemente der Theorie der Smart Service Ökonomie zu beleuchten. Diese Theorie, die als paradigmatischer Bruch mit industriellen Denkmodellen betrachtet werden kann, liefert nicht nur ein Konzept für die Wertschöpfung der Zukunft, sondern fordert auch eine Neujustierung der Rolle von Unternehmen, Wissenschaft und Politik.

Die Illusion der Berechenbarkeit: Der Fehler der Industriepolitik

Schenckings Kritik an der traditionellen Betriebswirtschaftslehre ist zugleich eine Fundamentalkritik an der Industriepolitik, die von der Vorstellung geleitet wird, wirtschaftliche Entwicklung sei durch zentralisierte Planung steuerbar. Subventionen, strategische Programme und vermeintlich „zukunftsweisende“ Interventionen folgen oft mathematischen Modellen, die Unternehmen als statische Einheiten begreifen. Die Praxis jedoch zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg weniger einem Algorithmus als einem dynamischen Prozess gleicht – einem Prozess, den Joseph Schumpeter bereits in den 1920er Jahren als Teil eines tiefergehenden Phänomens analysierte. Schumpeter stellte fest, dass Gesellschaften oft in industriepolitisch motivierten Abwehrschlachten verharren und dabei wertvolle Zeit vergeuden, die für den Umbau der Arbeitswelt notwendig wäre. Stattdessen fehlen klare Konzepte für institutionelle Rahmenbedingungen, um die Bedürfnisse der nachindustriellen Ära zu adressieren.

Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte verdeutlicht diese Problematik. In seiner Abhandlung „Die Tendenzen unserer sozialen Struktur“ aus dem Jahr 1928 untersuchte Schumpeter die Diskrepanz zwischen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung Deutschlands und einer Gesellschaft, die nach wie vor von ländlichen und feudalen Denkweisen geprägt war. Heute stehen wir vor einer ähnlichen Herausforderung: Industriekapitalistische Rezepte werden auf eine digitalisierte Ökonomie angewandt, ohne dass sich die grundlegenden Paradigmen entsprechend angepasst hätten. Schon Anfang der 1960er Jahre beruhte bis zu zwei Drittel der Wertschöpfung selbst in rohstofforientierten Branchen wie der deutschen Großchemie auf der Fähigkeit zur Anwendung wissenschaftlich basierter Prozesse – eine Tatsache, die damals wie heute kaum ausreichend reflektiert wird.

Wissen als unerschöpfliche Ressource: Der Kern der Relationären Ökonomie

Die Smart Service Ökonomie setzt hier an und argumentiert, dass das Wachstum des Wissens und seiner Anwendungen das Fundament moderner Wertschöpfung bildet. Wissen unterscheidet sich von physischen Ressourcen, da es durch Nutzung nicht nur nicht verbraucht, sondern sogar vermehrt wird. Netzwerkeffekte und exponentielle Skalierbarkeit machen Smart Services zu einem Motor unendlichen Wachstums – zumindest theoretisch.

Beispiele wie Amazon Web Services oder Google Cloud zeigen, wie Unternehmen aus relationalen Geschäftsmodellen immense Wertschöpfung generieren. Anders als die industrielle Produktion, die durch endliche Ressourcen begrenzt ist, erlaubt die digitale Wirtschaft eine nahezu grenzenlose Erweiterung von Wertschöpfungsketten – ein Potenzial, das deutsche Hidden Champions und der Mittelstand bislang nur unzureichend ausgeschöpft haben.

Industriepolitik und die BWL als Komplizen: Ein strukturelles Problem

Die These, dass Industriepolitik und traditionelle Betriebswirtschaftslehre dieselben Grundannahmen über Planbarkeit teilen, ist ebenso provokativ wie treffend. Beide greifen auf Werkzeuge zurück, die Unsicherheiten zu eliminieren suchen – sei es durch Subventionen oder durch rigide Kostenrechnungsmodelle. Doch genau diese Unsicherheiten sind es, die den Raum für Innovation schaffen.

Ein Beispiel: Predictive Maintenance, ein typisches Feld der Smart Service Ökonomie, zeigt, wie Unsicherheiten in der Maschinenverfügbarkeit durch datengetriebene Prognosen reduziert werden können. Doch statt diese Innovation durch starre Rahmen zu ersticken, wäre es zielführender, offene Ökosysteme zu schaffen, die neue Akteure und Ideen integrieren. Hier versagt die klassische Industriepolitik oft – sie schützt etablierte Strukturen statt neue Wege zu ermöglichen.

Schlussfolgerung: Die BWL als Partner der Ordnungspolitik

Was ist also zu tun? Die Betriebswirtschaftslehre muss ihren Fokus von der Kontrolle auf die Ermöglichung verlagern. Eine komplementäre BWL, wie sie Schencking fordert, denkt Unternehmen von der Unsicherheit her und erkennt, dass Wachstum durch Kreativität und Vernetzung entsteht. Die Theorie der Smart Service Ökonomie bietet hier das notwendige Instrumentarium, um diese Prinzipien praktisch umzusetzen.

Deutschland steht vor der Herausforderung, seine industrielle Exzellenz in die digitale Welt zu überführen. Der Weg dorthin führt über eine Ordnungspolitik, die Innovation ermöglicht, und eine BWL, die Unsicherheiten als Quelle des Fortschritts erkennt. Nur so kann die Wirtschaft den Sprung von der Berechenbarkeit zur Kreativität wagen – und dabei die Grundlage für unendliches Wachstum schaffen.

Aufruf zur Debatte

Abschließend sei auf Bernhard Steimels Beitrag „Von der Ressourcenknappheit zum unendlichen Wachstum der Smart Service Ökonomie“ hingewiesen, der eine vertiefte Diskussion über diese zentralen Fragen anregt.

Eure Sichtweisen auf dieses Thema interessieren mich.

So diesem Thema sollten wir mal ein Online-Barcamp auf die Beine stellen.

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